Der Digigent – Ein stummer Klangmagier

Klang – Klangausgleich – Klangangleich

(von Stefan Fritzen)

Im aktuellen Thema soll es um die reichen Klangmöglichkeiten auf einem Instrument gehen – und ein Orchester ist ein Instrument! Man kann es mit einer beseelten Orgel vergleichen. Dieses Bild weist darauf hin, dass es der Dirigent in der Hand hat, vielfältigen Klang zu formen.

»Klang ist Leben!« – Dieser Satz von Daniel Barenboim umschreibt die lebensprägende Bedeutung von Musik, die alle Bereiche des menschlichen Lebens formend umfassen kann. Er stimmt allerdings nur zur Hälfte, da für jeden Komponisten, jeden Interpreten Klang zunächst im Kopf entsteht, bevor er auf einem Instrument für Dritte hörbar gemacht werden kann. Deshalb möchte ich ergänzend zu Barenboims Metapher hinzufügen: »Klang ist Erleben«.

Zunächst müssen die formalen Strukturen und der inhaltliche Reichtum einer Komposition vom Dirigenten aus dem Notentext heraus erkannt werden, ehe er die klanglichen Umsetzungsmöglichkeiten erhört und plant.

Diese Formenanalyse einschließlich der Bestimmung des Charakters eines Stücks (zum Beispiel mehrteilig oder Variationsform; homophone oder polyphone Strukturen; harmonischer, atonaler oder polytonaler Ablauf; inhaltliche Kategorien wie heiter, dramatisch-düster, tänzerisch und vieles mehr) gibt dem Dirigenten Aufschluss über den kompositorischen Aufbau eines Werks.

Auf diese Weise wirkt eine Komposition auf den Interpreten scheinbar sachlich und in allen Details festgelegt, und nach deren Studium meint er häufig, das Werk jetzt zu kennen. Dieser Adaptationsprozess darf durchaus auch starke emotionale Bezüge mit beinhalten, da der Reichtum vertikaler und linearer Strukturen auch den Dirigenten packen muss, um ihn den Ausführenden mit Leidenschaft vermitteln zu können. Wenn der Dirigent diese Parameter erkannt und für sich erarbeitet hat, wird er allerdings bald feststellen müssen, dass die gewonnenen Erkenntnisse bei der Planung seiner Interpretation nur mehr den äußeren Rahmen des zu gestaltenden Werks umfassen.

Wie wird man Dirigent?

(von Esa-Pekka Salonen)

Lieben Sie die Musik!

Ich glaube, dass Leidenschaft am wichtigsten ist. Sie müssen die Musik wirklich lieben, mehr als sich selbst. Ich habe als Kind nie groß vom Dirigieren geträumt, habe aber immer die Musik geliebt. Gegenüber Dirigenten hatte ich damals großes Misstrauen: Leute, die mit ihren Frisuren und irrealen Kleidern Aufsehen erregten. Aber als ich mit dem Dirigieren begann, erschien mir alles sehr natürlich und ich entdeckte, dass ich Spaß daran hatte. Es war also kein Kindertraum, der schließlich wahr wurde. Stattdessen spielten mehrere scheinbar zufällige Ereignisse eine Rolle.

Besuchen Sie Proben!

Sind Sie einmal Dirigent, dann müssen Sie stets in Übung bleiben. Besuchen Sie eine Dirigierklasse an einer Hochschule. Bevor Sie dies tun, ist der beste Unterricht für einen angehenden Dirigenten, sich in eine Probe zu setzen. Dort lernen Sie am meisten. Ein Konzert ist nur ein Konzert. Dort liefern wir nur das ab, was wir in den Proben erreicht haben. Um zu diesem Punkt zu gelangen, müssen Sie diesen Prozess miterleben.

Quell der Inspiration – Dirigenten und ihre Vorbilder

(von Cornelia Härtl)

Dirigenten haben eine ganz besondere Aufgabe: Sie sind zuständig für die Interpretation eines Werks und damit für die charakteristische Umsetzung auf der Bühne. es heißt sogar, dass Dirigenten den Klang eines gesamten Orchesters beeinflussen. Woran aber orientieren sich Dirigenten bei ihrer künstlerischen Arbeit? Welche großen Meister aus Vergangenheit und Gegenwart inspirieren die Dirigenten heute? Wir haben bei einigen musikalischen Leitern in der deutschen Blasmusiklandschaft einmal nachgefragt…

Dabei stellt sich zunächst einmal die Frage: Wofür brauchen wir überhaupt Vorbilder? Man kann fast sagen, dass es sich dabei um ein menschliches Grundbedürfnis handelt. Vorbilder dienen uns von klein auf als Orientierungspunkte. Wir erwerben mit ihrer Hilfe sowohl grundlegende Verhaltensmuster und lernen anhand ihres Modells verschiedene Praktiken wie zum Beispiel Sportarten und Sprachen.

Imitation als Lernmodell von Kindesbeinen an

Schon als Kinder lernen wir vor allem durch Imitation: Angefangen beim Laufen und Sprechen übernehmen wir mit der Zeit auch komplexes Sozialverhalten von den Menschen in unserem direkten Umfeld. Vor allem im Kindesalter sind die Eltern noch prägend – Kinder lernen sozusagen am Modell der Eltern neue Verhaltensweisen. Während anfangs die Eltern noch eher unbewusst als Vorbilder nachgeahmt werden, entscheiden sich Jugendliche dagegen schon bewusst für bestimmte Vorbilder.

Mehr als „nur“ ein Marsch-Komponist – John Philip Sousa

(von Joachim Buch)

John Philip Sousas Ruhm liegt nicht nur in seinen einzigartigen Märschen begründet. Auch als Dirigent leistete er Beispielhaftes. So sorgte er für eine Weiterentwicklung des Repertoires und des Instrumentariums der über zwölf Jahre von ihm geleiteten US Marine Band. Mit den zahllosen Konzerten seiner Sousa Band (in knapp vier Jahrzehnten im Durchschnitt mehr als ein Konzert pro Tag) trug er darüber hinaus maßgeblich zur musikalischen Bildung seines Publikums in aller Welt bei – ohne dass deshalb das »Entertainment« zu kurz kam.

Die Redensart von den USA als »Schmelztiegel der Nationen« mag heutzutage etwas abgedroschen klingen. In Sousas Umfeld – im Jahr seiner Geburt feierte die Nation gerade mal ihren 78. Geburtstag – war sie jedoch sehr präsent. Der Vater John Antonio Sousa stammte aus Portugal, die Mutter Maria Elisabeth Trinkaus aus Fränkisch-Crumbach, östlich von Darmstadt. Auch einige der berühmtesten Musiker aus der Sousa-Band waren Einwanderer aus Europa, beispielsweise der Bremer Herman Bellstedt (Kornett) oder der Sizilianer Simone Mantia (Eufonium).

John Philip Sousa wurde in Washington geboren, in unmittelbarer Nähe der Marine Barracks, wo sein Vater in der US Marine Band spielte. Nachdem der Sohn mit sieben Jahren seinen ersten Musikunterricht erhalten hatte, führte ihn der Vater bereits mit 13 Jahren als »Lehrling« (engl. apprentice) ins Orchester ein. Parallel dazu erhielt er weiteren Musikunterricht auf verschiedenen Blasinstrumenten, auf der Geige, in Harmonielehre und Komposition. Mit 20 Jahren verließ er das Orchester und trat als Geiger und Dirigent in verschiedenen Orchestern im Großraum Washington/Philadelphia auf. So spielte er 1876 unter anderem unter Leitung von Jacques Offenbach währenddessen – leider nicht besonders erfolgreicher – USA-Tournee.

(aus Clarino 10/2014)

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