Aufbau und Durchführung einer Probe

(Eine Hausaufgabe im C1-Lehrgang 1993 in Münster)


Thema:Die vier Fragen, die sich jeder Dirigent vor der Probe stellt

Jeder Dirigent hat bei der Durchführung der Proben seinen eigenen Stil. Er muß jedoch stets den Grundsatz beachten:

„Niemals unvorbereitet in eine Probe gehen!“

Der Dirigent wird sich also ein Konzept erarbeiten, das er dann auch konsequent verfolgen muß. Auf besondere Ereignisse sollte er jedoch auch flexibel reagieren können.

Zur Vorbereitung gehört zunächst die Festlegung des Themas der Übungsstunde (z.B. neues Stück einüben, Teil eines Marsches lernen lassen, solistische Passagen erarbeiten, Etüden zu Verbesserung der Geläufigkeit durchnehmen etc.). Das Ziel der Stunde muß jedem Probenbesucher bewußt sein (z.B. „Ich will heute das Trio des neuen Marsches in allen Stimmen erarbeitet haben“).

Der Übungsleiter sollte den Lehrstoff methodisch/didaktisch aufbereiten („Wo liegen schwierige Stellen für welche Stimmen/Register?“). Das Unterrichtsmaterial (einschließlich der Übungen für die Einspielphase) ist sorgfältig vorzubereiten.

Bei der Durchführung ist darauf zu achten, daß pünktlich begonnen (und später auch genauso pünktlich beendet) wird. Hierbei kann sich ein zielbewußter Dirigent sein Korps langsam (aber konsequent) erziehen. Der Einstieg in die Probe sollte (verbal/visuell) die Anfangsmotivation der Musiker wecken bzw. verstärken.

Ein verantwortungsbewußter Dirigent beginnt dann mit Einspielübungen. Diese Phase sollte nicht übersprungen werden. Es dürfen jedoch nicht mehr als 10-15 Min. (einschließlich Einstimmen) dafür eingeplant werden, denn die Musiker kommen zum Musizieren zur Probe und diese sollte allen Musikern große Freude und Vergnügen bereiten.

Um seinen Musikern bzgl. der Einspielphase stets Rede und Antwort stehen zu können, sollte sich der Dirigent vor jeder Probe immer wieder 4 Fragen stellen (und die Antworten im Kopf haben!):

1.) Warum Einblasen? (besser: Warum Einspielen?)

Das Ziel des Einspielens ist die Steigerung der Tonkultur, der Beweglichkeit und des homogenen Zusammenspiels. Beginnen sollte man nicht mit einem Marsch o.ä., weil die Bläser sich leicht festblasen. Choräle als Einspielstücke sind möglich, erreichen aber nur ein Ziel (Gehör-/Intonationsschulung). Es gibt aber wesentlich mehr Gründe für das Einspielen:

a) Es wird der Kontakt zwischen Dirigent und Musikern hergestellt. Verschiedenartige Übungen (ohne Notenvorlage) zwingen die Musiker zum Aufpassen. Unterschiedliche Tempi, abgestufte Dynamik und abwechslungsreiche Rhythmik schaffen die Konzentration der Musiker für das spätere gemeinsame Musizieren.

b) Die Muskulatur wird gelockert. Dies ist für die Schlagtechnik bei den Trommlern und (bzgl. der Gesichtsmuskulatur) für die Tonbildung der Musiker eigentlich unverzichtbar.

c) Die Musiker finden durch das Einspielen ihren Ansatz und bekommen den nötigen Kontakt zum Instrument.

d) Die Instrumente (Flöten) werden für das nachfolgende Stimmen warm.

e) Durch geeignete Wahl der Übungen kann eine permanente Schulung der Technik/Artikulation erfolgen (z.B. Triolen, staccato, legato, tenuto, Druckwirbel, doppelte Vorschläge usw. je nach Stück).

f) Es kann eine ebenfalls permanente Gehörschulung erfolgen (bestimmte Akkorde und Tonverbindungen einbauen). Die Intonation kann beim Spielen von Kleingruppen bereits ausgeglichen werden, was eine Vorbereitung für das Einstimmen darstellt.

g) Die Einspielübungen können bereits eine musikalische Verbindung (Vorbereitung) zum nächsten Stück schaffen. Deswegen sollten die Übungen in Bezug auf Tonart, Rhythmus und Dynamik auf das neue Stück ausgerichtet sein.

2.) Wie gehe ich vor?

Man sollte mit leichten Übungen beginnen, z.B. die G-Dur-Tonleiter von g‘ – g“ in ganzen/halben Noten auf und ab. Es könnten Atemübungen über mehrere Takte (Phrasierungszeichen vorgeben) folgen. Dann sollten dynamische Varianten eingebaut werden. Bei den vorbereitenden Übungen für das neue Stück ist auf rhythmische Genauigkeit zu achten.

3.) Was muß ich berücksichtigen?

Es sollte nach Möglichkeit auswendig gespielt werden, denn was man auswendig kann, klappt beim späteren Stück besser („Wenn Ihr das jetzt könnt, geht das neue Stück leichter“), außerdem trainiert der Musiker allgemein sein Gedächtnis für das Auswendigspielen (beim Straßenmarsch unverzichtbar). Man sollte alle Musiker (alle Stimmen, auch Schlagwerker) beschäftigen, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Eine sorgfältige Auswahl der Einspielübungen ist deshalb unerläßlich. Die Übungen sollten auch bereits der Motivation dienen („Die Einspielübungen entschärfen manche Schwierigkeit des nächsten Stückes“). Bei sauber klingenden Stellen sollte man die Musiker positiv verstärken („Diese Passage ist jetzt schon wesentlich besser als letzte Woche“ / „Seht Ihr, das Einspielen bringt was!“).

4.) Wann erfolgt das Einstimmen?

Das Einstimmen erfolgt, wenn die Instrumente warm sind, also in der Regel nach dem Einspielen. Eventuell kann aber bereits während der Einspielphase (siehe 1f) vorbereitend die Intonation ausgeglichen werden.

Ein Dirigent, der die genannten vier Punkte bei seiner Tätigkeit beherzigt, wird schon bald den Erfolg seiner Arbeit hören können.


Aufbau und Durchführung einer Registerprobe (allgemein)

Da ein Dirigent niemals unvorbereitet in eine Probe geht, wird er sich vorher ein Konzept erarbeiten und dieses dann konsequent – aber eventuell auch flexibel – verfolgen. Zunächst ist das Thema festzulegen und das Ziel der Stunde eindeutig zu formulieren. Dieses Ziel muß später jedem Probenteilnehmer bewußt sein. Die Einspielübungen sind sorgfältig – möglichst auf das Stück bezogen – vorzubereiten. Die vier Leitfragen eines Dirigenten (siehe oben) sollte man im Kopf haben (und die Antworten dazu!). Nach möglichst pünktlichem Beginn ist die Anfangsmotivation herzustellen (Hinweis auf Erfolge vergangener Proben, Bedeutung des neuen Stückes, usw.). Nach dem Einblasen erfolgt das Einstimmen, wobei maximal 10-15 Min. eingeplant werden sollten.

Anschließend sollte man etwas zum neuen Stück sagen, den Komponisten oder Bearbeiter nennen und die Stilrichtung oder andere Besonderheiten des Stückes erklären, alles mit dem Ziel, daß die Musiker die zu spielende Musik verstehen, um durch die Freude am Spielen wiederum neu motiviert zu sein. Nach dem Verteilen der Noten (die sorgfältig vorbereitet in genügender Anzahl vorliegen sollten) gibt man den Musikern einige Minuten Zeit, sich mit dem Stück/der Stimme zu beschäftigen. Anschließend kann man leichte Partien/Stücke zunächst einfach durchspielen, damit der Spieler weiß, woran später gearbeitet werden soll.

Dann beginnt das Üben am Detail, d.h. die einzelnen Stimmen werden durchgearbeitet, schwere Passagen vorher geübt und solistische Stellen eingebaut. Hierbei ist wichtig, daß keiner unterbeschäftigt ist. Nicht spielende Musiker können z.B. die Stimme mitlesen, stumm „mitgreifen“ oder einfach zuhören (um eventuelle Fehler festzustellen und von deren Korrektur zu profitieren). Hierbei lernt der Musiker, sich einzuordnen, er kann aber auch seine Musikalität schulen und ein Stilgefühl (für das Stück und/oder seine Stimme) entwickeln. Gute Zuhörer schulen hierbei ihr Gehör, verbessern dadurch später oft ihre Intonation, erkennen musikalische Nuancen und erfahren eine rhythmische Schulung. Der Dirigent muß bei auftretenden Problemen Anleitungen (Hilfen) geben (Nicht meckern!), wie schwierige Stellen eingeübt werden. Durch seine Partitur/Particell ist er aber auch in der Lage, stets die ganze Gruppe im Auge („im Ohr“) zu haben. Nach den einzelnen Stimmen (eventuell schon dazwischen) ist stets das Zusammenspiel zu üben und das Stück als Ganzes zu verfeinern, damit durch das (hoffentlich positive) Erfolgserlebnis die Musiker für weitere Proben (und mögliche Hausaufgaben) motiviert werden.

Aus dem gleichen Grund sollte als Ausklang der Probe früher Erarbeitetes mit einbezogen werden. Vor der Verabschiedung ist in jedem Falle Lob zu verteilen („Die negativen Dinge hat sich zumeist der Dirigent zuzuschreiben!“) und ein Dank für das Erscheinen auszusprechen. Daß die Probe genauso pünktlich endet wie sie begonnen hat, sollte eigentlich klar sein.

In der (kritischen!) Nachbereitung hat sich der Dirigent zu fragen, ob das Ziel erreicht wurde und – falls nein – wo die Ursachen für Schwachpunkte gelegen haben. Kurze Notizen direkt nach der Probe sind hier sehr hilfreich. Aus dieser kritischen Analyse wird sich in der Regel das Ziel der folgenden Probe zwangsläufig ergeben.

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Seit dem 07.11.2017

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